Smarty

High Chaparral auf der RelaxRanch

Irgendwie scheint es so zu sein, dass alle Tiere, die zu uns kommen, eine sehr eigene und spezielle Persönlichkeit haben. Warum das so ist, kann ich nicht sagen. Böse Zungen jedoch behaupten, das habe etwas damit zu tun, dass ich auch etwas ver-rückt sei. Eins weiss ich auf jeden Fall mit Sicherheit: Solange ich meine durchgeknallten Lieblinge um mich herumhabe, wird es mir bestimmt nicht langweilig.

Da ich alle Hände voll zu tun hatte, um das folgend beschrieben Ereignis zu handeln, konnte ich es leider nicht mit meinem Smartphone filmen. Aber ich versuche es so gut wie möglich zu beschreiben.

Alles begann damit, dass ich gestern auf dem Nachhauseweg meinen Nachbarn traf, der mit seinen zwei Pferden an der Bushaltestelle stand und auf seine Tochter wartete, um anschliessend mit ihr nachhause zu reiten. Kurze Rede langer Sinn: Er ritt auf dem einen Pferd, das andere lief einfach frei, gesattelt und gezäumt mit. Er führte es also nicht am Strick mit, sondern es lief FREI einfach hinter ihm her.

So weit, so gut. Nachdem ich kurz mit ihm gesprochen hatte, setzte ich meine Fahrt nachhause fort und grübelte etwas über das eben Gesehene und über meine beiden Jungs zuhause nach. Es wurmte mich ziemlich und ich muss leider zugeben, dass der Neid mich innerlich schon anfing zu zerfressen. Denn meine Nachbarn haben ihre zwei Stuten seit ca. 6 Monaten und mit Natural Horsemanship nichts am Hut. Ich hab meine Buben seit drei Jahren und tue wirklich alles, um Kommunikation und Vertrauen aufzubauen, habe immer wieder Pferdetrainer, die mich unterstützen usw. Meine Nachbarn setzen sich einfach drauf und reiten los. Aber egal.

Ich komme also zuhause an und es nagt innerlich an mir. Aber sorry, nach jahrelanger Arbeit können wir das ja wohl auch, oder? Ich halftere also meine beiden Rabauken, nehme Smarty an den Strick und Q trottet (FREI) brav hinter uns her. Wie auch anders? Er hat ja panische Angst vor dem alleine sein, dann wird er wohl bei uns bleiben. Also alles kein Problem. Ich bin enthusiastisch, freue mich wie Bolle. Am Ende der Weide angekommen, öffne ich den Zaun und wir gehen zu dritt raus. Ein Anmerkung noch: Die Hunde Lucky und Jonna sind im Garten.

Ich gehe weiter und Q scheint plötzlich sehr aufgeregt zu sein, denn er merkt wohl, dass er frei läuft. Aber alles gut. Er rennt kurz in die entgegensetzte Richtung, Smarty und ich laufen weiter, Q besinnt sich und sprintet wieder zu uns. Ausatmen! Alles gut! Weiter geht’s. Nur einmal ums Haus und wieder zum Stall. Muss ja nicht übertreiben am ersten Tag. Wir kommen also ums Eck (die Hunde sind im Garten), Q bleibt stehen, dreht um und läuft wieder in die entgegensetzte Richtung. Nicht so schlimm, Smarty und ich gehen weiter zum Stall, ich weiss ja, dass Q ein kleiner Feigling ist. Ich bin mit Smarty schon beim Stall, da kommt Q von hinten angetrabt. Lucky, dessen Hobby es ist, bellend wild am Zaun hin und her zu rennen, wenn die Pferde auf der anderen Seite des Zauns sind, kommt angeschossen und macht das, was er am besten kann: den starken Macker markieren. Die Pferde, die dieses Gehabe kennen und sich nicht beeindrucken lassen, bleiben auch jetzt total cool. Q geht zum Zaun hin, senkt den Kopf und so stehen Hund und Pferd Nase an Nase und Q scheint Lucky etwas zu sagen. Ich höre ihn flüstern: «Ganz dünnes Eis, Junge. Ich rate dir, halt den Ball flach, sonst geht’s nicht gut aus.» Doch Lucky wiegt sich in Sicherheit, ist doch der Zaun dazwischen.

Ich also mit Smarty hinten rein in den Stall, halftere ab, gehe nach vorne, mache auf, damit Q vorne rein kann. Denn er steht ja schon dort. Leider galoppiert er jetzt zwischen Gartenzaun und dem Zaun der Koppel wieder weg vom Stall. Q auf der Aussenseite des Gartenzauns, Lucky bellend auf der Innenseite. In der Zwischenzeit läuft Smarty locker wieder aus dem Stall hinaus in die Freiheit. Ein riesen Tohuwabohu. So geht das ca. 20 Minuten lang, beide Pferde frei, zwischen Stall und Garten, Smarty wieder rein, ich mache vorne zu, sehe aber mit Schrecken, dass hinten noch offen ist und er läuft hinten wieder raus. Ganz ehrlich, auch Pferde können dir den Stinkefinger zeigen und was soll ich sagen, soviel Spass hatten die wohl noch nie.

Auf jeden Fall, um zu einem Schluss zu komme: Lucky fühlt sich sicher wie in Abrahams Schoss und rennt kläffend hin und her, begleitet von Q, der auf der anderen Seite hin und her galoppiert. Und dann? Plötzlich «JUMP», springt Q über den Zaun, rein zu den Hunden in den Garten. Alles in Schockstarre. Lucky zur Salzsäure erstarrt, Jonna presst sich zittern an die Terassentür und keiner scheint mehr zu atmen. Doch eine Sekunde später bellt Lucky nochmals (irgendwie war da wohl noch ein Fetzelchen Mut, das sich nochmals hervorgetraut hat), Q dreht ihm den Allerwertesten zu, kickt einmal nach hinten aus – mit zwei Meter Abstand – da hat sich mein Grossmaul getrollt und ist zur Tür getrottet. Okej, wohl doch nicht so lustig, wenn das Pferd im gleichen Garten ist. Und Q fing an zu grasen.

Zuguterletzt brachte ich Q zurück in den Stall, konnte Smarty überlisten, so dass alle wieder da waren, wo sie hingehörten. Ich werde mir wohl über kurz oder lang eine Gopro-Kamera oder wie das heisst anschaffen und auf den Kopf setzen, denn es ist sooo schade, dass ich diese Stunde nicht filmen konnte.

Aber jetzt mal ehrlich: Hab ich das verdient? Doch wer selber ein Freigeist ist, darf sich wohl nicht wundern, wenn sein Umfeld sich anpasst.

In diesem Sinne: Herzliche Grüsse von der manchmal nicht soooo relaxten RelaxRanch

Eure Ilvy